Test der GPS-Genauigkeit – Garmin GPSMAP 66sr & GPSMAP 65s

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GPSMAP 65, GPSMAP 65s & GPSMAP 66sr – Garmin hat drei GPSMAP Outdoor-Handgeräte eingeführt, die mit zwei vielversprechenden technischen Neuerungen aufwarten: Multi-GNSS & Multi-Band.

Die drei GPSMAP Neulinge sollen in der Lage sein, auch bei schwierigen GPS-Empfangsbedingungen möglichst akkurate Positionsdaten zu liefern. Das 65, 65s und 66sr empfangen dazu nicht nur gleichzeitig die Signale von mehreren GNSS* (Multi-GNSS), sondern auch auf zwei Frequenzen (Multi-Band).

Ob das technische Upgrade in der Outdoor-Praxis auch zu besseren Ergebnissen wie super akkuraten Trackaufzeichnungen führt soll dieser Test klären.

* Global Navigation Satellite System

Weitere Infos zu den neuen GPSMAP Outdoor-Handgeräten hält dieser Artikel bereit: Garmin GPSMAP 65, GPSMAP 65s, GPSMAP 66sr.

Neue Einzeltests!

Garmin GPSMAP 66sr - GPS-Genauigkeit Test
Garmin GPSMAP 66sr – Test der GPS-Genauigkeit

Was ist Multi-GNSS?

Multi-GNSS bedeutet nichts anderes als den gleichzeitigen Empfang von GPS, GLONASS, Galileo, QZSS und IRNSS Satellitensignalen.

Da lässt sich aber einwerfen: Das gab es vorher auch schon!

Richtig, bei Garmin Outdoor-Handgeräten ist üblicherweise aber nur der simultane Empfang von GPS + GLONASS oder GPS + Galileo Signalen möglich (SBAS Korrektursignale mal ausgenommen).

Die gleichzeitige Kommunikation mit fünf GNSS ist aber zu relativieren: Das japanische QZSS ist auf den asiatisch-pazifischen Raum beschränkt, das indische IRNSS auf eine Nutzung in Indien.

Dementsprechend stehen bei uns "nur" die drei globalen Systeme GPS, GLONASS und Galileo zur Verfügung.

Was bedeutet Multi-Band?

Multi-Band Technik ermöglicht den Empfang von Satellitensignalen auf mehreren Frequenzbändern. Bislang war die Nutzung des L1 (GPS, GLONASS, QZSS) bzw. E1 (Galileo) Frequenzbandes üblich, jetzt kommt mit L5 (GPS, QZSS) bzw. E5a (Galileo) noch ein weiteres hinzu.

Welche Vorteile haben Multi-GNSS und Multi-Band?

Die Kombination von Multi-GNSS und Multi-Band soll zu einer besseren Positionsgenauigkeit und schnelleren Positionsbestimmung sorgen – insbesondere bei herausfordernden Umgebungen, die zu

  • ungünstigen Satellitengeometrien (Beispiel, in tief eingeschnittenen Tälern können bei einem "GPS only" Empfänger nur wenige Satelliten, die zudem in einer Reihe angeordnet sind, "sichtbar" sein),
  • schwachen Signalstärken (z.B. in dichten Wäldern)
  • oder Mehrwegeempfang ("Multipathing", Reflexionen der Satellitensignale z.B. durch Gebäude, Straßenbelag, Felswände, verstärkt durch Schnee bzw. Feuchtigkeit)

führen können.

Um unter solchen GPS-Schreckensszenarien möglichst optimale Ergebnisse zu erhalten hat Garmin die drei GPSMAP Handgeräte mit optimierter GNSS-Technologie auf den Markt gebracht.

Multi-GNSS und Multi-Band sind meines Erachtens im Freizeitbereich – bei den GPSMAP Handgeräten handelt es sich in erster Linie um Consumer-Geräte – die Innovation 2020* schlechthin, die zudem mittelfristig zum De-facto-Standard werden dürfte.

Insbesondere unter dem Aspekt, dass andere Geräteklassen wie z.B. Wearables noch mehr von GNSS-Empfangsproblemen geplagt sind! 2021 könnte ein spannendes GNSS-Hardware Jahr werden …!

*Ausnahme: Bei einigen Smartphones gibt es dies schon länger!

GPSMAP 66sr & GPSMAP 65s – Test der GPS-Genauigkeit

Zum Testen habe ich mir zunächst zwei zu dem beschriebenen Szenario passende kurze Touren ausgesucht, charakterisiert durch tiefe Täler, Felswände und dichten Herbstwald – in Kombination mit Alpenrand-Dauerregen, um möglichst viele Multipathing-Effekte zu bekommen 🙂

Das zweite Testszenario führt durch die Innenstadt von München, da hier insbesondere deutliches Multipathing zu erwarten ist, hervorgerufen durch Signalreflexionen an Gebäuden und durch Straßenbelag.

Die GPSMAP Handgeräte befinden sich dabei am rechten bzw. linken Rucksackträger – die Quad-Helix Antenne ist somit für einen optimalen Empfang senkrecht nach oben ausgerichtet. So wie es sich für ein GPSMAP gehört.

Das GPSMAP 66sr vergleiche ich mit einem GPSMAP 66s, das GPSMAP 65s mit einem GPSMAP 64sx. Die Oldies treten mit "GPS + GLONASS" an, die Newbies mit allem was sie zu bieten haben. Als Aufzeichnungsmodus ist jeweils "eine Sekunde" eingestellt, der Höhenmesser wurde vor den Touren manuell kalibriert, unterwegs per Autokalibrierung.

Zusätzlich kommt mein bisheriges Referenzsystem, ein GPSMAP 64s mit externer Tallysman Dual-Feed Antenne, zum Einsatz.

Warum? Eine quasi oberhalb des Körpers angebrachte externe Antenne kann zu einer deutlich besseren GPS-Genauigkeit führen, da Signalabschattungen durch den Nutzer entfallen.

Anhand der interaktiven Karte kann sich jeder Leser ein eigenes Bild machen (… und dabei den Maßstabsbalken zum Einschätzen der Abweichungen der einzelnen Tracks beachten!):

  • Tour 1 Aufstieg: GPSMAP 64s ext. Antenne, GPSMAP 66s, GPSMAP 66sr
  • Tour 2 Abstieg: GPSMAP 64s ext. Antenne, GPSMAP 64sx, GPSMAP 65s
  • Tour 3: GPSMAP 64sext. Antenne, GPSMAP 66s, GPSMAP 66sr
  • Tour 4 Innenstadt: GPSMAP 64s ext. Antenne, GPSMAP 66s, GPSMAP 66sr
  • Tour 5 Innenstadt: GPSMAP 64s ext. Antenne, GPSMAP 64sx, GPSMAP 65s
  • Tour 6 + 7: fenix 6 Pro Solar, GPSMAP 64sx, GPSMAP 65s
  • Tour 8: fenix 6X Pro, GPSMAP 66s, GPSMAP 66sr
Farben: Zum Anzeigen der Farbcodierung mit dem Mauszeiger "Tracks" ansteuern; dort lassen sich auch einzelne Tracks ausblenden.
Höhenprofil

Die folgenden Screenshots zeigen die typische Satellitenkonstellation während Tour 1 (66sr vs. 66s):

GPSMAP 66sr: GPS L1 + L5
GPSMAP 66sr: GPS L1 + L5
GPSMAP 66sr: Galileo E1 + E5a
GPSMAP 66sr: Galileo E1 + E5a
GPSMAP 66sr: GLONASS L1
GPSMAP 66sr: GLONASS L1
GPSMAP 66s: GPS L1
GPSMAP 66s: GPS L1
GPSMAP 66s: GLONASS L1
GPSMAP 66s: GLONASS L1

GPS-Genauigkeit GPSMAP – Wie lassen sich die Daten interpretieren?

Genauigkeit (CEP) – Verwendete Satelliten

Zunächst fällt auf, dass die neue Generation bei aktiviertem Multi-Band als Genauigkeit durchgängig "1,8 m" anzeigt – nahezu unabhängig von der Lokalität! Die "alten" GPSMAP Handgeräte kommen im Idealfall auf "3m".

Als Genauigkeitsangabe wird der CEP (Circular Error Probable) angezeigt. Im Klartext bedeutet dies: Bei einer Angabe von z.B. "1,8 m" liegen 50% aller Messungen in einem Kreis um den aktuellen Standort mit einem Radius von 1,8 m.

Ebenso auffällig ist die extrem schnelle Positionsbestimmung nach dem Abschliessen des Startvorgangs.

Tour 1 & 2 – GPSMAP 66sr vs. GPSMAP 66s & GPSMAP 65s vs. GPSMAP 64sx

Tour 1 Aufstieg, GPSMAP 66sr vs. GPSMAP 66s: Einen "Sieger" zu bestimmen ist schwierig, in der Summe würde ich dem GPSMAP 66sr die Krone zusprechen. Obwohl es hier und da Abweichungen von bis zu 15 m gibt (was im üblichen Rahmen ist) sind die Unterschiede in der Summe aber wirklich minimal – alle eingesetzten GPSMAP Geräte liefern sagenhaft genaue Tracks!

Tour 2 Abstieg, GPSMAP 65s vs. GPSMAP 64sx: Hier gilt ähnliches, die Unterschiede zwischen den drei Geräten sind noch geringer und zu vernachlässigen.

Tour 3 – GPSMAP 66sr vs. GPSMAP 66s

Bei dieser Tour ist es richtig schwierig einen König der GPS-Genauigkeit zu küren.

Um die Ergebnisse besser einordnen zu können habe ich mal alle in meiner Datenbank enthaltenen Tracks von dieser Strecke geladen – zig Aufzeichnungen über viele Jahre von den unterschiedlichsten Geräten unter diversen Rahmenbedingungen (Satellitenkonstellationen, Vegetation, …).

Der Ausschnitt (Abbildung unten) zeigt einerseits wie klasse alle GPSMAP Handgeräte sind, andererseits wie sich die Empfangsqualität über die Jahre entwickelt hat.

Eines fällt deutlich auf: Das GPSMAP 66sr ist das bislang einzigstes Gerät, das an einer bestimmten Lokation keine Positionsdrift zeigt (in der Abbildung unten rechts, dunkelroter Track). Der Stelle ist von einer Felswand und einer größeren Wasserfläche geprägt.

GPSMAP Trackvergleich (T2)
GPSMAP 66sr (rot), GPSMAP 66s (gelb)

Tour 4 Innenstadt – GPSMAP 66sr vs. GPSMAP 66s

Ähnliches gilt für diese Runde, auch jetzt ist eine Beurteilung nicht einfach – dabei muss z.B. zusätzlich berücksichtigt werden auf welcher Straßenseite gelaufen wurde. Das 66sr liefert gegenüber dem 66s die minimal bessere Aufzeichnung, aber auch beim 66sr kommt es hier und da zu einer Drift. Das 64s mit externer Antenne schneidet erstaunlicherweise nicht so gut ab.

Tour 5 Innenstadt – GPSMAP 65s vs. GPSMAP 64sx

Ob das GPSMAP 65s oder GPSMAP 64sx die bessere Figur macht lässt sich nicht eindeutig bestimmen … mal das Eine mal das Andere.

Tour 6 + 7 – GPSMAP 65s vs. GPSMAP 64sx

Zwei kleine Touren mit insgesamt sehr guten Empfangsbedingungen … zwischen dem GPSMAP 65s und dem GPSMAP 64sx gibt es nur vernachlässigbare Unterschiede.

Tour 8 – GPSMAP 66s vs. GPSMAP 66sr

Eine weitere Bergtour zeigt: Zwischen dem GPSMAP 66s und dem GPSMAP 66sr sind keine Unterschiede zu erkennen.

Beim wiederholten Betrachten aller Tracks entsteht zudem der Eindruck, das die Aufzeichnungen der neuen Geräte etwas mehr geglättet (sanfter) erscheinen!

GPSMAP 66sr & GPSMAP 65s – Positionsdrift

Ein weiterer Vorteile der neuen Geräte zeigt sich im stationären Zustand: Im Gegensatz zum GPSMAP 64sx bzw. GPSMAP 66s bleibt die Position stabil, es kommt zu keinerlei Positionsdrift.

Dies lässt sich im Reisecomputer anhand der Datenfelder Tagesstreckenzähler, Gesamtzeit und Zeit in Bewegung nachvollziehen.

Positionsdrift GPSMAP 64sx
GPSMAP 64sx
Positionsdrift GPSMAP 65s
GPSMAP 65s
Positionsdrift GPSMAP 66s
GPSMAP 66s
Positionsdrift GPSMAP 66sr
GPSMAP 66sr

Zur Ergänzung noch ein meine Ergebnisse bestätigender Test vom Ingenieurbüro für Geotechnik (IBG) aus Worms.

Vergleichstest Garmin GPS Handgeräte

Verglichen wurden das alte GPSMAP 64 mit dem neuen GPSMAP 65 (Dual-Band-Empfänger).

Versuchsaufbau und Ablauf

  • Beide GPS Empfänger wurden auf einen mir bekannten Messpunkt (MP) gelegt. Dieser Messpunkt ist durch ein Vermessungsbüro mit einer Genauigkeit von +/- 1 cm vermessen.
  • Bei beiden GPS Empfängern zeigte die Antenne in die selbe Richtung.
  • Beide GPS Empfänger wurden gleichzeitig angeschaltet.
  • Nach jeweils 1 min wurde die Position als Waypoint durch drücken der Mark Taste mehrfach gespeichert.
  • Nach 5 min wurden beide GPS Empfänger zu einer zweiten Position getragen.
  • Dort wurde wieder im Abstand von 1 min die Position als Waypoint mehrfach gespeichert.
  • Beide Messpunkte lagen auf freiem Feld (keine Sichtbehinderung zu den Satelliten).

Ergebnisse

Auf der Abbildung sind der bekannte Messpunkt (MP), die Spuraufzeichnung (mit Startpunkt und Richtungspfeilen) und die markierten Waypoints verzeichnet.

Das neue GPSMAP65 ist wesentlich schneller empfangsbereit und zeigt auch keine so starke Drift in der Spuraufzeichnung. Die Abweichung vom bekannten Messpunkt betrug beim neuen GPSMAP 65 etwa 2,5 m – beim alten GPSMAP 64 etwa 6 m. Insbesondere beim 2. Messpunkt fällt die deutlich geringere Drift/Streuung beim neuen GPSMAP 65 auf.

Die Genauigkeit des neuen GPSMAP 65 ist damit zwar besser, aber ich hätte doch ein bisschen mehr erwartet.

Vergleich GPSMAP 64 vs. GPSMAP 65s
Vergleich GPSMAP 64 vs. GPSMAP 65s

GPS-Genauigkeit GPSMAP – Fazit

Was zeichnet sich ab? GPSMAP Handgeräte ohne Multi-GNSS und Multi-Band müssen noch lange nicht in Rente gehen – zumindest was die Genauigkeit von Trackaufzeichnungen angeht. Die Unterschiede sind meines Erachtens in der Summe zu vernachlässigen – insbesondere unter dem Gesichtspunkt "Outdoor".

Die neue Generation punktet aber unter zwei anderen Aspekten: Die angezeigte GPS-Genauigkeit ("CEP") ist dank Multi-Band deutlich besser, zudem gibt es im stationären Zustand keinerlei Positionsdrift.

Professionelle Anwender wie beispielsweise Förster und Biologen, die ohne großen technischen Aufwand z.B. Pflanzenstandorte kartieren möchten, sollten – im Gegensatz zu "normalen" Outdoorern – auf jeden Fall zu der neuen GPSMAP Generation greifen.

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2 Gedanken zu „Test der GPS-Genauigkeit – Garmin GPSMAP 66sr & GPSMAP 65s“

  1. Das Ergebnis zeigt mir, dass Garmin die Möglichkeiten des Zweifrequenzempfanges leider nicht ausnutzt. Auswertungen auf Smartphones (da gibt es das schon länger) mit Hilfe der Rohsignale und angepasster Algorithmen zeigen, dass damit die Laufzeitfehler durch Ionosphäreneinflüsse und die Multipath-Fehler deutlich reduziert werden können.
    Das Fehlen der Positionsdrift ist meines Erachtens ein Feature der Software (Einfrieren der Position bei fehlender Bewegung), das es auch früher schon gelegentlich gab. Das war aber bei den Geocachern äußerst unbeliebt und wurde zumindest abschaltbar gemacht bzw. ganz entfernt. Das stärkere Glätten ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert und führt zu ausgerundeten Tracks um Straßenecken und Umherirren bei engen Serpentinen.
    Eine kleine Korrektur: Weltweit sind auch die chinesischen Beidou-Signale empfangbar. Das macht zwar in der Regel nicht viel aus, kann aber in Einzelfällen doch mal hilfreich sein.
    Weshalb Garmin auf sie verzichtet, weiss ich nicht, die Smartphone-Chips empfangen sie jedenfalls.

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  2. Das Ergebnis ist in Bezug auf eine (von mir erhoffte) wesentlich genauere Positionsbestimmung durch das L5 Signal eher enttäuschend für mich; ich hatte mir da echt mehr erhofft. Da das GPSMap 66sr ja eine wesentlich größere Empfangsantenne hat als die Wearables von Garmin, bin ich gespannt und auch (leider) schon jetzt sehr skeptisch, ob sich das dann bei den Wearables von Garmin positiv auswirken wird, was bei den deutlichst kleineren Antennen der Wearables ja dann eher (für mich) unwahrscheinlich zu sein scheint.

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